Charlotte Wiesmann

ALONG

Keramik  I  Zeichnung  I  Skulptur

 

Vernissage: Do. 24. März 2022, 19.30 Uhr

Eröffnung: MMMag. Hubert Nitsch,

Kunstreferent und Diözesankonservator der Diözese Linz  

Ausstellungsdauer: bis Sa. 14. Mai 2022, 12.00 Uhr

Öffnungszeiten: Fr. 15 - 18.00 Uhr / Sa. 10 - 12.00 Uhr

 

Wir ersuchen die geltenden Coronaregeln zu beachten! Danke!

 

 

Fotocredit: C. Wawrinek, C. Wiesmann

Einführung durch MMMag. Hubert Nitsch,

Kunstreferent und Diözesankonservator der Diözese Linz

Charlotte Wiesmann, 24.3.2022

Objekte aus Keramik und Zeichnungen auf Papier mit Tusche, Graphit, Naturholzkohle und Asche sind zu sehen. unter dem Titel Along vereinen die Arbeiten von Charlotte Wiesmann offene lineare Strukturen die sich zu Körpern formen. Filigranes wird stabilisiert entlang der Linie des Keramik- wie das Ideenstrangs. Es wird sortiert, geformt, überprüft und erneuert, so sagt die Künstlerin .

So steht es in den oberösterreichischen Nachrichten bei der Ankündigung.

 

Charlotte Wiesmann ist ganz nahe am Ursprünglichen und Authentischen.

sie geht sozusagen zurück an die Ursprünge des Menschseins. was macht den Menschen zum Menschen? diese Frage wurde in der Anthropologie mit 2 Antworten versehen. der Umgang mit dem Feuer und mit der Sprache definiert den Menschen. Der Mensch sitzt mit anderen ums Feuer und die Asche aber auch die verkohlten Stücke Holz verwendet er, um an die Wand zu zeichnen. die Höhenmalereien haben wir alle vor Augen und sind uns ein Begriff. Charlotte Wiesmann knüpft an diesen Ursprüngen des Menschseins an. Ihre Zeichnungen und ihre Skulpturen leben primär vom Feuer, sowohl die Kohlezeichnungen (Kohle wird aus den Brennrückständen gewonnen), wie auch die Keramik, die gebrannt werden muss. In weiterer Folge lebt Charlotte Wiesmanns Kunst von der Linie. Der Strich der Künstlerin knüpft an am Strich der Kinder, welche eine ich-Erfahrung machen, wenn sie ihre ersten Linien ziehen. Charlotte Wiesmanns Kunst ist somit auch etwas Identitätsstiftendes. Eine Seinserfahrung. Ein Erlebnis.

So schreiben wie Charlotte Wiesmann kann kaum jemand. Die Sprache, die auch unser Menschsein ausmacht fasst sie in Schrift und Worte.

Wir, die wir mit den Handys und Computern die Schreibschrift verlernen bekommen von Charlotte eine alte Erfahrung neu geschenkt. Charlotte nimmt die Linie des Bleistifts oder des Füllers und kann sie in eine Linie aus Keramik oder Metall übersetzen. Seit langem bin ich davon fasziniert… Früher schrieb sie ganze Texte oder Sätze lesbar an Wände. Das Rezept einer Brennsuppe zum Beispiel. Oder den Wappenspruch von Bischof Manfred Scheuer an die Außenmauer des Pfarrheims in Haibach ob der Donau (Der Geist macht lebendig.) Ein Motto das auch zu Charlotte Wiesmann passt.

Der Geist macht lebendig und die Wörter manchmal unleserlich. Es kommt nicht nur auf die Bedeutung von Schrift an. Es kommt auch auf Wahrnehmung und Neuentdeckungen an, wie ich schon am Anfang bei den Kindern erklärte. Nicht umsonst verwendet die Montessoripädagogik auch begreifbare Buchstaben, um sich das Lesen und Gestalten besser aneignen zu können.

Charlotte Wiesmann ist Meisterin im keramischen Schreiben. Die Künstlerin ist aber die, die aus der Lösung wieder ein Problem macht, um frei aus den letzten Tagen der Menschheit von Karl Kraus zu zitieren. Im Schaufenster steht ein Objekt mit dem Namen stalk1, wo Charlotte geschriebenes überformt und damit zum Geheimnis macht. Oder sie macht schwarz geschriebene Wörter, die sie auf Postkartengröße zusammenstaucht und in Schaumstoff bettet.

Sie überformt aber auch mit Papiertapes. Und macht damit geschriebenes zu einer Skulptur. Oder sie vereint verschiedene Wörter. Oder sie nimmt nur mehr die Linie, die sich entwickeln darf, was die Künstlerin mit stroke (dt. Strich) betitelt.

Aber sie verschließt auch frei fallende Objekte mit Porzellanmasse, um sie filigran zu fixieren.

Ebenso gibt es Liniengeflechte in Keramik, wo man nicht weiß, ob sie nach den Zeichnungen entstanden sind oder den Zeichnungen als Vorbild dienen.

 

Und ihre Linien mit Kohle, besser gesagt angekohlten Ästen des Olivenbaums? Wie bei der Keramik ist hier auch immer ein Rhythmus zu finden, dem die Künstlerin nachgeht. Auch Asche setzt sie als Material ein. Und wie bei der Keramik finden sich auch bei den Zeichnungen tapes, also Klebebänder, die sozusagen mitschreiben oder mitgestalten.

 

Und dann gibt es noch Zeichnungen mit Tusche. Die Bandbreite ihrer künstlerischen Arbeiten reicht von Keramik und Skulptur, über Malerei und Zeichnung bis Fotografie und Video. Begonnen hat Charlotte Wiesmann mit einer Lehre zur Keramikerin in Freising. Anschließend studierte sie an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz Keramik bei Günter Praschak. Seither ist Wiesmann freischaffend tätig.

Seit 1999 realisierte sie mehrere Kunstprojekte im öffentlichen Raum und nahm an zahlreichen Symposien und Ausstellungen im In- und Ausland teil. Charlotte Wiesmann arbeitete in den Ateliers des Landes Oberösterreich in Paliano und Malo, Italien. 2010 erhielt sie den Keramikpreis des Landes Salzburg.

 

Mit Charlotte Wiesmann können wir in das Archetypische unseres eigenen Seins eintauchen. An ihrem Rhythmus teilhaben und den eigenen Rhythmus finden. Wir können lesen, aber auch begreifen, wahrnehmen, sehen. Und letztlich hält sie sich immer auch ein Geheimnis zurück. Gute Kunst erkennt man unter anderem auch daran, dass man sie immer neu sehen kann. Das trifft bei Charlotte Wiesmann zu und dafür ist ihr auch zu danken.

Unser Leben müssen wir selber buchstabieren, aber mit der Kunst von Charlotte Wiesmann ist es gleich lustvoller und schöner. Das Staunen ist der Beginn der Wissenschaft und der Religion, aber auch der Kunst. Mit der Erfahrung des Staunens und Begreifens leistet Charlotte Wiesmann einen Beitrag für uns und unsere Gesellschaft, der gerade auch in schwierigen Zeiten eine Haltung der Offenheit und Bedächtigkeit braucht. Auch dafür ist Charlotte zu danken.

Danke.

 

Hubert Nitsch